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Seite 33 Miguel de Cervantes: Don Quijote
Don Quijote von Miguel de Cervantes (der erster Teil erschien 1605) gilt als einer der einflussreichsten Romane aller Zeiten, als weltliche Bibel sogar. So ist es nur würdig und Recht, so wie im Heiligen Buch, die Zeilen des Quijote mit Nummern zu versehen. Wir befinden uns also in Don Quijote, erster Band, zweites Kapitel, Seite 33 (kurz: DQ I, 2, 33). Dieses Kapitel handelt „von dem ersten Aufbruch des scharfsinnigen Don Quixote aus seinem Besitztume“ (nach der Übersetzung von Ludwig Thiek aus dem Jahr 1800). Don Quijote will als fahrender Ritter die Welt bereisen und ist nach einem anstrengenden ersten Tag in einer Schenke eingekehrt, die er verblendet für ein Schloss hält. Den grobschlächtigen Wirt nennt er „Kastellan“ (also Burgherr, DQ I, 2, 33, Zeile 1). Dieser nimmt das Spiel auf und redet den eigenartigen Gast mit „Eure Gnaden“ (DQ I, 2, 33, 5) an. Liest man nur die Seite 33, weist bis hierher nichts darauf hin, dass wir uns nicht tatsächlich in einem noblen Schloss befinden. Don Quijote bittet den Wirt, sein schönes Pferd mit besonderer Sorgfalt zu pflegen (DQ I, 2, 33, 12-14), doch dieser sieht nur einen gewöhnlichen Gaul (DQ I, 2, 33, 14-16). Hier erkennen wir erstmals, dass wir es mit zwei verschiedenen Sichtweisen der Realität zu tun haben, dass wir uns entscheiden müssen, welche uns vertrauensvoller erscheint. Der Wirt kommt aus dem Stall zurück und sieht, dass sein Gast in der Zwischenzeit von den „Jungfrauen“ (DQ I, 2, 33, 17) entwaffnet wurde. Da es sich bei den Jungfrauen in Wirklichkeit um plumpe Mägde handelt, sieht der Wirt die beiden Mädchen in diesem Moment mit den Augen Quijotes. Dieser wird etwas weiter unten vom Erzähler als die „anmutigste, seltsamste Figur“ (DQ 1, 2, 33, 25) beschrieben, was das ganze Dilemma dieses großen und guten Menschen auf den Punkt bringt. Sein reines Gewissen, seine humanistische Einstellung, sein unbedingter Wille, gegen das Böse in der Welt ankämpfen zu müssen, macht ihn zu einen der anmutigsten Helden der Weltliteratur, auch wenn er seiner Umwelt nur als seltsamer Narr erscheint. Erst in der nächsten Zeile müssen wir erkennen, dass seine Weltsicht wohl nicht so ganz der Realität entspricht, denn der Erzähler gibt zu, dass die Mädchen, die dem Ritter beim Entkleiden helfen, keine vornehmen Damen sind, sondern Don Quijote nur „meinte“ (DQ 1, 2, 33), sie so zu sehen.
Damit schwingt sich dieser frühe Roman zum unerreichten Vorbild aller nachfolgenden Romane auf, denn ist nicht jedes realistisch gemeinte Erzählen nichts anderes als der verzweifelte Versuch, die Realität, so wie wir sie meinen zu sehen, mit der Wirklichkeit außerhalb in Einklang zu bringen?
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